Villar Pellice 2004

 

Villar 2004, das war wieder eine Familienfreizeit der Superlativen, oder auch die Freizeit der verpassten Gelegenheiten.

 

Sie begann restlos ausgebucht. Daß Ludwig und Hannelore Pfatteicher gesundheitsbedingt nicht teilnehmen konnten (von hier aus, insbesondere Ludwig die besten Gesundheitswünsche), war nicht nur an sich sehr schade, es zeigte sich später, daß uns beide sehr fehlten.

 

Villar, das waren 13 minus 2 Reisetage minus ein Regentag, also 10 Tage voller Sonnenschein.

 

Aber nun der Reihe nach:

 

Am 16.8.2004 begann die Tour mit einem Wiedersehen teilweise alter Bekannter aber auch mit Neugierde, da auch einige Neulinge mit dabei waren, die aber schon am ersten Abend bei einigen Gläsern wirklich gutem Rustichello schnell integriert waren und man den Abend, richtungsweisend für die kommenden Tage, fröhlich erst am frühen Morgen ausklingen ließ.

 

Am nächsten Morgen dann die erste Überraschung: Traditionell wartet der Herr von Castagneto, Christian Lazier, mit einer Neuigkeit auf: Diesmal war es... Müsli am Morgen. Das war eine gute Idee, denn entweder wurde das Müsli nun allmorgendlich gerne konsumiert, oder gab den Brötchen-und-Marmelade Traditionalisten schon beim Anschauen das Gefühl, sich am Morgen gesünder als sonst zu ernähren.

 

Beim nachfolgenden Küchendienst stellte sich insbesondere für die anwesenden jungen Damen heraus, daß der Familie Lazier in diesem Jahr auch sehr "nette" MÄNNLICHE Amperes angehörten ("auf Deutsch": Au-pairs). Die Tatsache, daß eigentlich alle ebensolche bereits an ebenfalls anwesende weibliche Amperes vergeben waren, wurde von unseren Mädels kampfeslustig übersehen. Dies hatte zur Folge, daß die restlichen Teilnehmer für den Rest des Urlaubs signifikant weniger Spüldienste hatten.

 

Ansonsten machte sich die Gruppe mit der wunderschönen Landschaft und dem Haus selbst vertraut: Eine erste Probe, wegen leicht regnerischem Wetter im Haus, Basteln mit Xenia, ein Spielplatz, der Swimmingpool mit erfrischender (!) Wassertemperatur. Dann das leckere, typisch piemontesische Essen, danach muß zwingend entweder ein ausgedehnter Kaffee oder abends ein Volleyballmatch folgen.

 

Schon am nächsten Tag galt es dann aber, eine erste "Eingewöhnungswanderung" als Halbtagestour zu gehen.

 

Anders als die Jahre zuvor, sollte es diesmal nicht die Tour zu den Wasserfällen über Villanova, sondern durch das Subiasca-Tal sein. Mit den PKW ging es nach Bobbio. Nachdem alle ihre Ausrüstung angelegt hatten und die vorhandenen Trekkingstöcke verteilt waren, war die Vorgabe, nach fünf Windungen der Fahrstraße den Einstieg in unsere Wanderroute zu finden. Aber auf gar keinen sollte man Besse erreichen, denn dann sei man falsch.

 

Wir zählten fünf Windungen, dann sechs und nach der achten Windung erreichten wir Besse...

 

Durch diesen kleinen Fehlschlag ließ sich die Gruppe aber nicht entmutigen (auch wenn der eine oder andere dachte:".... mit Hannelore wäre uns das nicht passiert..."). Matthias ging den kompletten Weg zurück, um den Fehler zu finden, Bernhard sondierte das Umfeld, während Raphaela todesmutig den Hund einer Schafsherde überwand und den dazugehörigen Hirten nach dem Weg fragte. Nach ca. 15 Minuten hatten alle drei Scouts das gleiche Ergebnis: Noch eine Kurve weiter und wir sahen unsere Route. Was folgte, war ein schweißtreibender Anstieg durch eine tolle Landschaft mit schroff abfallenden (Ab-)Hängen, bei der jeder seine Schwindelfreiheit überprüfen konnte und Bachläufen mit kühlem Quellwasser, bei der sich unsere 26-köpfige Gruppe schon auf eine Länge von 30 Minuten zwischen Vor- und Nachhut auseinanderzog.

 

Bei einer Alm hatten wir Mittagsrast und konnten die schöne Aussicht genießen. Unsere Bergführer, Matthias, Bernhard und Robert wurden dann etwas unruhig, denn dort, wo der Weg eigentlich weitergehen sollte, befand sich ein großes Feld aus Brennesseln und Himbeergestrüpp.

 

Auch eine folgende Erkundung erbrachte keine andere Lösung: Wir mußten da durch. Robert, durch langjährige Wanderungen mit Hannelore Pfatteicher einer der Kundigsten in der Gruppe, führte uns an und sorgte dafür, daß wir immer auf dem richtigen Pfad gingen. Was aber insbesondere den Schreiber beunruhigte war, daß Robert immer wieder vielsagend meinte: "... ich weiß, was kommt…"

 

Der weitere Weg sollte als "Grüne Hölle" in die Annalen der Freizeit eingehen. Denn die nun folgende Strecke bestand für 1,5 Wegstunden nur aus Brennesseln und Himbeergestrüpp, abgesehen von einem Wespennest, deren Bewohner Helga gleich dreimal in den Knöchel stachen.

 

Wie schwer der Weg auch ging, jeder aus der Gruppe hielt durch und nachdem wir das dritte Tal durchwandert hatten, wurden wir mit einem tollen Anblick auf das Pellicetal belohnt. Gleichzeitig wurde uns aber klar, daß wir es nicht mehr rechtzeitig zum Mittagessen schaffen würden. Trotzdem trieb uns der Hunger nun mit schnellen Schritten dem Tal entgegen, vorbei am Roce del Invincibile, wo in den vergangenen Jahrhunderten die Waldenser zu Tode gestürzt wurden, und dank unserer schnellen Vorhut, die dem Rest der Gruppe mit den abgeholten Autos entgegen kam, konnten wir unsere Halbtagestour gegen 15 Uhr in Castagneto beenden und durften erfreut feststellen, daß wegen einiger indisponierter Kinder der Nichtwandergruppe die Fleischtöpfe noch mehr als ausreichend gefüllt waren.

 

Nach dieser "lockeren" Eingewöhnungswanderung galt es, sich so richtig zu erholen.

 

Und wenn es um Erholung geht, ist man in Villar genau richtig, wie oben bereits ausgeführt wurde. Am Freitag konnten wir auf dem Markt in Torre während des Platzblasens eine erste musikalische Kostprobe unseres Könnes abliefern, was uns allen riesigen Spaß machte. Bei unseren Ständchen in den Altenheimen und Sozialstationen stellten wir schnell fest, daß wir tatsächlich in Italien waren, denn auf welcher Station wir auch auftauchten, freudig begrüßt und auch fürsorglichst mit Kaltgetränken bewirtet wurden: Nie war unser Zeitplan mit denen der Altenstationen identisch. Entweder waren wir an diesem Tag zu früh oder zu spät.

 

Eigentlich gibt es das Problem immer in Villar, aber dieses Jahr erschien es uns allen besonders deutlich: Die Zeit verging wie im Flug und wir konnten gerade die erste Woche mit dem schönen Weg zum Wasserfall und der Gestaltung der Gottesdienste in Bobbio und Villar beenden.

 

Dann aber mussten Nägeln mit Köpfen gemacht werden und die Tagestour zum Manzol für den Dienstag geplant werden. Erschien das Wetter doch ideal mit Sonnenschein jeden Tag. Auch plötzlich auftauchende Wolkenfronten am Montagabend ließen uns nicht unseren Optimismus schwinden. Tatkräftig wurde morgens um 6 Uhr gefrühstückt und die Tatsache, daß die feuchte Wiese auf Regen hinwies, großzügig beiseite gewischt, denn wir hatten alle große Pläne. Zumindest sollte es die berüchtigte Drei-Hütten Tour sein, für einige besonders sportliche Weggefährten noch bis zu zwei Stationen mehr.

 

Und so deuteten wir schon bei der Fahrt nach Barbara jedes nur mögliche blaue Fleckchen am Himmel als eindeutiges Zeichen für gutes Wetter.

 

Wie üblich muß beim Aufstieg schon zu Beginn eine steile Passage genommen werden, so daß man schon ordentlich auf Touren kommt und die Gruppe sich schnell aufteilt. Das Tolle an der Tour ist, daß sich schweißtreibende Abschnitte und flache Teile abwechseln, in denen man die Natur so richtig genießen kann. Wie tragisch aber, daß schon beim ersten Aufstieg Nieselregen einsetzte, stärker wurde und er einfach nicht nachließ. So kam es, wie es kommen mußte. Nach der Hälfte des Aufstiegs zum Manzol war Schicht. Und das war sicher auch vernünftig so, denn wir befanden uns in alpinem Gebiet, und da ist mit einem Wetterumschwung nicht zu spaßen.

 

So fand man sich noch am Morgen wieder in Castagneto ein, um die durchgenässte Kleidung zu trocknen und wahlweise die Vesperpakete zu futtern oder die Gelegenheit zu nutzen, mal Pizza essen zu gehen.

 

Allerdings konnten drei Mitstreiter dem Ruf des Berges nicht widerstehen und so war der Manzol drei Tage später fällig und Matthias, Wolfgang und Joachim wurden am Abschlußabend in einer feierlichen Zeremonie zu BHs, zu Berghelden, erklärt. Diese große Ehre hatten sie sich auf jeden Fall verdient, wurde doch so die Scharte ausgewetzt, daß wir als Flachlandtiroler es tatsächlich versucht hatten, am einzigen Schlechtwettertag der Freizeit eine Bergbesteigung anzugehen.

 

Was nun noch auf dem Plan stand, waren Termine, die schon immer zu den Höhepunkten einer Villar-Freizeit zählen.

 

Zunächst gab es ein wunderschönes Abschlußkonzert im Tempio di Valdese in Villar, bei dem sich alle Bläser von ihrer besten Seite zeigten und ein vielfältiges Repertoire aus verschiedenen Stilrichtungen zum Besten gaben. Matthias Pfatteicher konnte als souveräner Moderator seine Italienischkenntnisse unter Beweis stellen und erklären, wie Pippi Langstrumpf mit der Maus und dem rosaroten Panther in einem Musikstück von Villar bis Bergamo kommt.

 

Beim Abschlußabend tischte wieder Familie Lazier auf, was Küche und Keller hergab. Unvergleichlich das Ambiente mit einem schön geschmückten Haus und Wiese, in dem bevor Christian das Fest eröffnete, die Bläser eine kleine Open-air Serenade gaben.

 

Später am Abend, als die Tische signifikant von den leckeren Speisen geleert waren, begann das ebenso mit Spannung erwartete Abend(-Show) Programm. Xenia brachte mit dem Villar-Gesangschor den Löwen im Dschungel zum Einschlafen, während Johannes eine beachtenswerte Rhythmusshow einstudierte. Wie schon in den vergangenen Jahren, wurde für die Show auch das Außengelände mit einbezogen, wo es eine zwerchfellbeanspruchende Theaterstudie über Deutschunterricht gab, routiniert dargestellt durch Laura und Johannes Lazarus.

 

Außerdem zeigte ein Posaunenquartett ( Heiko, Michael, Baschdl, Matthias), daß man nicht ins Kino gehen muß, wenn man John-Williams Filmmusik genießen will.

 

Neu war dieses Jahr, daß auch der Pool mit einbezogen wurde. Angesteckt vom olympischen Geist sollte ein Duell im Syncronschwimmen durchgeführt werden: Heiko Petersen und Robert Stephan auf der einen Seite, Thomas Lazarus und Sami Sharif auf der anderen Seite.

 

Da aber Robert unverhofft dringend wegen beruflicher Termine abreisen mußte, ließen es sich aber  Thomas und Sami nicht nehmen, ihre "lang geprobte" Choreographie als bulgarisches Syncronschwimmerinnenteam zum Besten zu geben. Besonders hervorzuheben ist, daß das Ganze mit Sicherheit buchstäblich ins Wasser gefallen wäre, hätten die beiden Stars nicht in Friedi Abel eine geniale Schneiderin gefunden, die es verstand, aus einem blauen Leintuch hervorragend gestylte Badeanzüge inklusive passender Badekappen zu schaffen, die sich insbesondere durch hohen Tragekomfort und Tragesicherheit auszeichneten. Die Bulgarinnen fragten sich noch Tage später, wieso Uli Maas, als griechische Göttin der Halbwelt verkleidet, die Wertungsnoten im Promillebereich vergab.

 

So endete wieder einmal ein toller Urlaub an einem schönen Fleckchen Erde, wo man wieder viele neue, nette Leute, Bläser und Nicht-Bläser kennenlernen konnte. Besonderer Dank insbesondere Heiko Petersen unserem Chef, der alles wieder bestens organisierte und die BläserInnen musikalisch wieder zwei Schritte weiter brachte sowie seiner lieben Frau Xenia, die über die zwei Wochen für die Kleinen ein Bastelprogramm durchführte und bei den ChorsängerInnen wieder das Allerletzte aus den Stimmbändern herausholte.

 

Sami Sharif